Gemeinsam die Zukunft gestalten
Foto: Marie-Luise Reif
UNO Welttag zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung
Naila (Oberfranken) – Seit 2014 lädt das f.i.t.-Projekt „Sichtbar, aber auch nicht stumm“ jährlich am 17. Oktober zu einer Feierstunde ein, um den UNO-Welttag zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung zu begehen. Die Veranstalter arbeiten v.a. mit dem Sonderpädagogischen Förderzentrum (SFZ) „Schule am Martinsberg“ und mit ATD Vierte Welt in Deutschland e.V. zusammen, sowie mit der „Evangelischen Erwachsenenbildung Hochfranken“.
Im Saal des Bonhoefferhauses in Naila wurde an diesem Welttag eine beeindruckende Abfolge von Wort-, Musik- und Filmbeiträgen geboten. Dabei ging es schwerpunktmäßig um die „Tafel“ und um Mitspracherecht, passend zum Thema:
„Gemeinsam die Zukunft gestalten:
Anhaltende Armut beenden – alle Menschen und unsere Erde respektieren!“
Zwei aus der Ferne angereiste Gäste waren zu hören: Brunhild Fischer von „Selbstbestimmte Handlungsstrategien und Initiativen für Alleinerziehende“ SHIA e.V. Landesverband Sachsen und Marie-Rose Blunschi-Ackermann aus Freiburg/Schweiz, Langzeitvolontärin bei ATD Vierte Welt (Zu ihrem Vortrag hier klicken). Frank Stumpf, Bürgermeister von Naila und stellvertretender Landrat, lieferte in seinem warmherzigen Grußwort Hintergrundinformationen zu Geschichte und Sinn des Tages und zitierte das Sprichwort „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Weitere Grußworte sprachen Sabine Prell von der Schuldnerberatung der Diakonie Hochfranken und Hannelore Grafen-Walther von der Nailaer Tafel. Musikalisch wirkten Brunhild Fischer, Annegret Krenzler, Hans-Jürgen Dommler, Dietrich Hoffschildt und Annette Rodenberg mit.
Aus den Wortbeiträgen der von Armut betroffenen Teilnehmenden:
Wie könnte es gelingen, Respekt vor der Erde (und ihren Gütern, z.B. Nahrungsmitteln) und Respekt vor den Menschen zu verbinden?
Ist dafür die Tafel ein gutes oder ein weniger gutes Beispiel?
„Es ist beides, ein gutes und ein schlechtes Beispiel. Gut: Hilfsbedürftige können trotzdem Lebensmittel bekommen. Schlecht ist, dass es nach wie vor Firmen gibt, die verwertbare Lebensmittel in Container tun, und dass man für ‚Containern‘ bestraft wird.“
„Ich frage mich, was die Leute denken und wie es ihnen geht, wenn sie bei der Tafel u.a. Lebensmittel abholen, die nicht mehr lange haltbar sind, bald verbraucht werden müssen und vor dem Wegwerfen gerettet werden sollen.“ „Die schämen sich deswegen, und wegen dem Anstellen.“
„Man kann Gott danken, dass es die Tafel gibt, denn das Geld reicht hinten und vorne nicht.“
„Ich gehe mit gutem Gewissen zur Tafel: Erstens hilft es meinen drei Kids und mir als Alleinerziehender finanziell enorm; und zweitens: Ich verbrauche Lebensmittel, die sonst ignoriert und entsorgt werden!“
Die Werte unserer Gesellschaft stehen auf dem Prüfstand:
Wer Lebensmittel, Kleidung, Möbel usw. „zweiter Wahl“ nutzt und damit etwas gegen die Verschwendung von begrenzten Gütern tut, ist Vorbild.
„Bei Kleidung und Möbeln ja. Bei Lebensmitteln ist es etwas anderes. Beim Essen möchte jeder was Frisches. Der Hunger treibt’s rein, wenn man sich nichts Frisches leisten kann. Das ist erniedrigend. Vorbild und Hilfsbedürftiger geht nicht zusammen. Wenn ein Hilfsbedürftiger könnte, würde er anders leben.“
Wo und wofür braucht es eine wirksame Interessenvertretung der von Armut betroffenen Bevölkerung – und wie könnte sie aufgebaut werden?
„Man sollte miteinander reden. Die Leute ansprechen und für seine Ziele kämpfen.“
„Da werden nicht viele mitmachen, weil sie nicht wissen, wie sie an die Politiker rankommen. Erreicht werden müsste, dass die Armen mehr in Schutz genommen werden. Die sind ja auch Menschen.“
„Wenn ich kein Geld habe, nehme ich die Tafel in Anspruch. Aber der Staat macht es sich sehr leicht, indem er das abgibt an irgendwelche Private. Er sollte dafür sorgen, dass es genug Rente gibt.“
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Zusammengestellt von Annette Rodenberg und Marlies Osenberg, Projektleiterinnen des f.i.t. Projekts „Sichtbar, aber auch nicht stumm“